Die Sektoren Wald, Land und Landwirtschaft (FLAG) verursachen weltweit etwa 22 % der jährlichen Treibhausgasemissionen. Da Klimaschutzmaßnahmen immer dringlicher werden, ist es entscheidend, auch diese Emissionen anzugehen. Die EcoAct-Expertinnen und Experten Zander Dale, Arnaud Ripoll und Louise Dubreuil beantworten einige häufig gestellte Fragen zur Festlegung eines FLAG-SBT.
FLAG ist eine von der Science-Based Targets initiative (SBTi) verwendete Terminologie für Emissionen im Zusammenhang mit Wäldern, Flächennutzung und Landwirtschaft. Die SBTi hat kürzlich einen Leitfaden für den FLAG-Sektor entwickelt, der es Unternehmen ermöglicht, die Folgen ihrer Landnutzung in ehrgeizige wissenschaftsbasierte Klimaschutzmaßnahmen umzusetzen. Diese wissenschaftsbasierten FLAG-Ziele (SBTs) sind ein bedeutender Schritt für die Klimaschutzmaßnahmen von Unternehmen. Sie sind für alle flächenintensive Unternehmen relevant: wenn Emissionen aus der Landnutzung mehr als 20 % ihrer Gesamtemissionen ausmachen, sind Unternehmen verpflichtet, FLAG-SBTs festzulegen.
Wenn Sie wissen wollen, wie Sie mit der Berechnung Ihrer FLAG-Emissionen beginnen sollen, haben wir für Sie einige häufig gestellte Fragen und Antworten zu FLAG-SBT zusammengestellt.
1. Gibt es einen Leitfaden für Unternehmen, die FLAG-Emissionen berechnen und darüber berichten wollen?
Das GHG-Protokoll entwickelt derzeit einen endgültigen Leitfaden (‚Final Guidance‘) für Unternehmen zur Berechnung und Berichterstattung von Emissionen aus Landnutzung und damit verbundenen Aktivitäten. Dieser wird voraussichtlich im Laufe des Jahres 2024 veröffentlicht. Bis dahin empfiehlt die SBTi weiterhin die Verwendung des vorläufigen GHG-Protokolls (‚Draft Guidance‘) für die Erstellung eines FLAG-Inventars. Der endgültige Leitfaden wird sich voraussichtlich nicht mehr wesentlich ändern, abgesehen von sehr spezifischen Abschnitten, z. B. der Zertifizierung von Biomethan.
2. Wenn ein Unternehmen bereits vor der Veröffentlichung der endgültigen Leitlinien des GHG-Protokolls im Jahr 2024 FLAG-Ziele festlegt, muss es diese dann revidieren?
Wenn es wesentliche Änderungen an den endgültigen Leitlinien gibt, ist es ratsam, Ihre Ziele zu überprüfen. Die SBTi schlägt im Allgemeinen vor, dass Unternehmen vorerst ein FLAG SBT auf Basis des vorläufigen GHG-Protokolls festlegen. Die SBTi gewährt in der Regel eine Übergangsfrist, wenn die aktualisierten Leitlinien verfügbar sind.
3. Welche Berechnungsmethoden gelten für FLAG-Emissionen?
Die Berechnung von FLAG-Emissionen basiert in hohem Maße auf den Grundsätzen der Lebenszyklusanalyse (engl. Life Cycle Assessment – LCA). Zum Beispiel versuchen wir bei einem landwirtschaftlichen Produkt, die Emissionen aus der landwirtschaftlichen Produktion (z.B. Düngemittel-Einsatz) und den vorgelagerten Emissionen (z.B. Herstellung von Düngemitteln) aus der vollständigen Ökobilanz zu extrahieren und gesondert darzustellen. Die restlichen Emissionen gelten als Nicht-FLAG-Emissionen.
Bei EcoAct verwenden wir hauptsächlich das SimaPro LCA-Tool und auch einige Online-Tools, abhängig von der Datenbank, die wir verwenden. Wir greifen auf mehrere Emissionsfaktor-Datenbanken zu, darunter Agri-footprint, Agribalyse, WFLDB, Higgs, Ecobalyse, Ecoinvent und weitere.
4. Wie können FLAG-Emissionen mithilfe von nicht lieferantenspezifischen Daten berechnet werden?
FLAG-Emissionen können zunächst mithilfe generischer Emissionsfaktoren (EFs) berechnet werden, die typischerweise alle Emissionen umfassen. Um zwischen FLAG- und Nicht-FLAG-Emissionen innerhalb eines spezifischen EF zu unterscheiden, ist eine spezifischere Analyse erforderlich, ähnlich der Umsetzung in Lebenszyklusanalysen. Es gibt mehrere anerkannte Datenbanken zu den Quellen von FLAG-Emissionen:
5. Wie lässt sich eine Doppelzählung von Emissionen vermeiden, die als FLAG-Emissionen aus dem landwirtschaftlichen Betrieb und als Scope 3 Emissionen aus zugekauften Gütern gelten würden?
FLAG-Emissionen enden am Betriebstor und sind nur mit Landnutzungsänderungen und landwirtschaftlichen Tätigkeiten verbunden. Wenn beispielsweise ein Unternehmen Rinder auf einem Bauernhof aufzieht, würden alle Emissionen im Zusammenhang mit der Bewirtschaftung des Landes dem Scope 1 zugeordnet. Die Emissionen im Zusammenhang mit Scope 3 wären die Emissionen, die mit dem Kauf von Futter für die Kühe verbunden sind, aber es gäbe in Scope 3 keine weiteren FLAG-bezogenen Emissionen aus dem Verkauf von Fleisch.
6. Wie berechnet man Landnutzungsänderungen in der Lieferkette eines Unternehmens?
Um genaue Berechnungen der Landnutzungsänderungen zu erzielen, ist der ideale Ansatz, Daten direkt von Lieferanten oder Kunden zu erhalten. Es ist entscheidend, effektive Engagement-Strategien mit diesen Stakeholdern aufzubauen, um tief in die Wertschöpfungskette eines Unternehmens einzusteigen und die verfügbaren Daten zu identifizieren. Die Analyse für Landnutzungsänderungen ist in drei Ebenen unterteilt, die jeweils spezifische Merkmale aufweisen:
Ebene 1:
Ebene 2:
Ebene 3:
In der Praxis verwenden viele Unternehmen zunächst allgemeine Emissionsfaktoren für Landnutzungsänderungen. Diese sind in Datenbanken wie Ecoinvent und Agrifootprint zu finden. Nachdem sie erste Erkenntnisse und Primärdaten gesammelt haben, z. B. wann und wo die Landumwandlung stattgefunden hat und welche Art von Land vor und nach der Nutzungsänderung vorhanden war, können sie dann detailliertere Analysen mit spezialisierten Tools durchführen. Der Kohlenstoffbestand des Bodens und die nationalen Trends der landwirtschaftlich bedingten Landnutzungsänderung sind ebenfalls wichtige Datenpunkte, die bei der Verfeinerung der Berechnungsmethoden gesammelt werden müssen. Sie sind oft über wissenschaftliche Veröffentlichungen von Quellen (z. B. FAO) öffentlich zugänglich.
7. Was wäre ein Beispiel für auf Betriebsebene gesammelte Daten für die Bindung von Kohlenstoff?
Um die Bindung von Kohlenstoff im Boden festzustellen, benötigen Sie Informationen zum Bodentyp (Gehalt an organischer Substanz, Dichte, Mineralisierungsrate, pH-Wert, etc.), zum Klima in der Region und zu den landwirtschaftlichen Praktiken (z.B. Aufbringen von organischem Material, Agroforstwirtschaft, Hecken).
Um die Entwicklung von Kohlenstoff in der Biomasse zu messen, benötigen Sie Informationen zur Art der Vegetation (Bäume, Baumarten, Hecken, etc.), zum Alter dieser Vegetation und zu den beteiligten landwirtschaftlichen Praktiken (z.B. Beschneidung).
8. Müssen biogene Emissionen in einem FLAG-Emissionsinventar berücksichtigt werden?
Biogene Emissionen sind eine entscheidende Komponente eines FLAG-Inventars und müssen für alle Aspekte der Landbewirtschaftung und Landnutzung berücksichtigt werden. Diese Aktivitäten umfassen Landnutzungsänderungen, Biomasseverbrennung (vor Ort), enterische Emissionen (aus dem Verdauungssystem von Tieren), Güllemanagement, bewirtschaftete Böden, Kalkung, Düngemittelanwendung, Harnstoffanwendung, Reisanbau und Ernterückstände.
Bei der Bewertung dieser Aktivitäten werden die Emissionen von N2O (Lachgas) und CH4 (Methan) berücksichtigt, sowie CO2 (Kohlenstoffdioxid), das während der Wachstumsphase der Biomasse in der Regel gebunden wird. Wichtig ist, dass CO2-Emissionen speziell für Landnutzungsänderungen berechnet werden müssen, da davon ausgegangen wird, dass Biomasse hierbei entfernt wird und die Menge nicht netto zunimmt.
9. Dürfen landwirtschaftliche Unternehmen, die Pflanzen anbauen, auch Carbon Credits verkaufen?
Es ist möglich, Kohlenstoffgutschriften (Carbon Credits) in der Quantifizierung von Emissionen mit aufzunehmen, vorausgesetzt, man hält zertifizierte Methoden von anerkannten Organisationen wie Verra oder Gold Standard ein.
Zu beachten ist, was eine Organisation sich anrechnen lassen kann oder darf, wenn sie auch Carbon Credits generiert. Wenn die CO2-Bindung (‚Removal‘) auf dem Land eines Unternehmens genau erfasst wird, kann diese im FLAG-bezogenen Inventar für dieses bestimmte Jahr für die Nettobilanz verwendet werden. Wenn diese CO2-Bindung jedoch als Carbon Credits verhandelt wird, kann sie gemäß den Richtlinien des SBTi nur zur Verrechnung der Emissionen des kaufenden Unternehmens angewendet werden.
Es ist auch entscheidend, Doppelzählungen zu vermeiden. Zum Beispiel können landwirtschaftliche Unternehmen, die Carbon Credits auf ihrem Land erstellen und sie dann an Dritte verkaufen, diese CO2-Bindung nicht auch zu ihrer eigenen Bilanz zählen – dies gilt als Doppelzählung. Unternehmen sollten überlegen, was am besten zu ihren Betriebsabläufen passt, und sich an akkreditierte Methoden halten, um hochwertige Carbon Credits aus CO2-Bindung zu generieren und korrekt zu bilanzieren.
10. Warum sollten Pflanzen als CO2-Bindung angerechnet werden, wenn sie nicht dauerhaft sind?
Die Bindung und die Emissionen von oberirdischer Biomasse werden als neutral angesehen, da das hierbei absorbierte CO2 genau die Menge an CO2 entspricht, die beim Verbrauch wieder freigesetzt wird.
Das gebundene CO2 von Nutzpflanzen wird hauptsächlich im Boden und nicht in der oberirdischen Biomasse gespeichert. Böden speichern in der Regel etwa 75 % bis 80 % mehr Kohlenstoff als die Biomasse von Nutzpflanzen (dies variiert je nach lokalen Bedingungen, landwirtschaftlichen Praktiken und anderen Faktoren). Eine bessere Kohlenstoffspeicherung in den Böden, insbesondere vom organischen Kohlenstoff, wird durch regenerative Anbaumethoden gefördert. Hierzu gehören das Aufbringen von organischem Material, reduzierte Bodenbearbeitung, Zwischenfrüchte, Fruchtfolge, Agroforstwirtschaft, Integration von Viehhaltung, Vermeidung von Überweidung, verbessertes Nährstoffmanagement und Verhinderung von Bodenerosion.
Wichtig ist hierbei, dass wir zwar die aus diesen Praktiken resultierenden CO2-Bindungen in das FLAG-Inventar aufnehmen können, aber die Guidance des GHG-Protokolls auch das Konzept der “Umkehrbilanzierung” beinhaltet. Wenn Sie die Speicherung der Kohlenstoffbestände aus den zuvor gemeldeten Maßnahmen nicht mehr sichern können, müssen Sie davon ausgehen, dass diese wieder freigesetzt werden. Diese müssen dann in dem Jahr, in dem die ‚Umkehrung‘ auftritt, auch als Emissionen bilanziert werden.
11. Was ist die Definition eines Offsetting-Projekts?
Ein Offsetting Projekt für Treibhausgasemissionen ist ein zielgerichtetes Vorhaben um Emissionen zu reduzieren, aufzufangen oder zu binden, als Ausgleich für an anderer Stelle entstandenen Emissionen. Diese Projekte gibt es in verschiedenen Formen, darunter Aufforstung, Wiederaufforstung, Anlagen für erneuerbare Energien, Methanabscheidung aus Mülldeponien und Steigerung der Energieeffizienz. Ziel ist es, die Auswirkungen der Emissionen zu mildern, indem die gleiche Menge an Treibhausgasen aus der Atmosphäre entfernt oder vermindert wird. Hiermit leistet man einen Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel. Die Kompensationsprojekte durchlaufen einen Berechnungs- und Zertifizierungsprozess durch anerkannte Organisationen wie Verra, Gold Standard, Plan Vivo und The Woodland Carbon Code, die dafür Carbon Offset-Zertifikate ausstellen. Mit diesen Zertifikaten werden die durch das Projekt erzielten Emissionseinsparungen quantifiziert und bestätigt. Die Zertifikate können verhandelt werden.
12. Welche Empfehlungen würden Sie einem Textilunternehmen geben, das sich ein FLAG SBT Ziel setzen möchte?
Wie EcoAct Ihnen helfen kann, ein FLAG SBT festzulegen
EcoAct verfügt über ein engagiertes Team von FLAG-Experten, die Sie bei der Berechnung und Berichterstattung über die FLAG-Emissionen Ihres Unternehmens unterstützen können. Die FLAG-Angebote von EcoAct können auf jedes Budget, Projekt oder jede Datenverfügbarkeit zugeschnitten werden, mit Optionen für allgemeine Schätzungen, detaillierte Berechnungen oder sogar eine betriebsgenaue Bewertung der FLAG-Emissionen und -Bindungen. Nehmen Sie Kontakt mit unseren Experten auf, um zu erfahren, wie wir Sie unterstützen können.
In unserem Factsheet erfahren Sie, was landgebundene Emissionen und FLAG-SBTs sind, warum Ihr Unternehmen möglicherweise einen SBT festlegen muss und wie EcoAct Sie dabei unterstützen kann.