Jüngste Fortschritte in der künstlichen Intelligenz (KI) und die Verbreitung benutzerfreundlicher Software-Bibliotheken haben zu KI-Anwendungen in verschiedenen Sektoren geführt, darunter Gesundheitswesen, Finanzen und Marketing. Diese Fortschritte haben die Automatisierung komplexer Prozesse ermöglicht. Jedoch werfen die erhebliche Rechenleistung und umfangreichen Datensätze, die für das Training dieser Modelle erforderlich sind, ökologische und soziale Bedenken auf. Darüber hinaus können KI-Vorhersagen schwer nachvollziehbar sein, was Herausforderungen für ihre Einbindung in sensiblen Bereichen wie Gesundheitswesen, öffentlicher Ordnung und Überwachung darstellt.
Als Reaktion auf einige dieser Herausforderungen hat die Europäische Kommission am 2. Februar 2024 den „AI Act” verabschiedet. Diese Verordnung zielt darauf ab, “harmonisierte Regeln für künstliche Intelligenz” festzulegen und führt einen spezifischen Rahmen für die Risikobewertung von KI-Anwendungen ein. Sie schreibt eine Reihe von Kontroll- und Transparenzmaßnahmen vor, um ethische Grundsätze zu wahren und Grundrechte zu schützen.
Bei EcoAct begrüßen wir diese Regelung, die mit unseren internen Praktiken übereinstimmt. Unser Team für „Climate Data Analytics“ (Klimadatenanalyse) stellt proaktiv die Rückverfolgbarkeit und Transparenz bei der Verwendung von Vorhersagemodellen in unseren Anwendungen sicher. Beim AI Act nehmen wir jedoch mit Enttäuschung wahr, dass die ökologischen Auswirkungen des Einsatzes von KI-Modellen darin nicht behandelt werden.
Während Cloud-Computing-Lösungen KI-Modelle für jede Person mit einem Smartphone zugänglich gemacht haben, erzeugt diese Bequemlichkeit eine Illusion von Immaterialität und Folgenlosigkeit. In Wirklichkeit basieren die jüngsten Leistungssteigerungen in der KI auf immer größeren Modellen, die mit immer größer werdenden Datensätzen trainiert werden. Zwischen 2018 und 2023 wuchs die Größe von Referenzmodellen um den Faktor 3.000 (von BERTs 340 Millionen Parametern bis zu geschätzten 1,5 Billionen von GPT-4). Dieses Wachstum führt zu größeren Rechenzentren, die einen erheblichen Bedarf an Strom zum Betrieb der Server und an Wasser zur Kühlung haben.
Im Kontext betrachtet: Das finale Training von GPT-3 hat geschätzt 500 Tonnen CO2 emittiert. Bei GPT-4 liegen die Schätzungen aufgrund von durchgesickerten Informationen über die Trainingsdauer zwischen 6.000 und 12.000 Tonnen CO2. Wenn man dem Trend der Modellaktualisierungen von OpenAI folgt, können wir davon ausgehen, dass der Verbrauch für die fünfte Version um das Zehnfache steigen könnte. Erwähnenswert ist, dass das Modelltraining nur die Spitze des Eisbergs darstellt, wobei zahlreiche Zwischenexperimente potenziell genauso viel oder sogar mehr Energie verbrauchen könnten. Die mangelnde Transparenz hinsichtlich des genauen Einflusses dieser Prozesse ist besorgniserregend.
Darüber hinaus ist die Nutzung dieser Modelle nach dem Training nicht ohne Folgen. Eine einzige Abfrage an ChatGPT (GPT-3) verbraucht ein Mehrfaches des Energiebedarfs einer Google-Suche, wobei die Kluft mit neueren, größeren Modellen wahrscheinlich noch größer wird.
Angesichts dieses Wachstums und Einflusses ist es entscheidend, dass bewährte Verfahren bei der Verwendung neuronaler Modelle weit verbreitet werden. Technische Lösungen wie „Modell-Quantisierung“ (drastische Reduzierung der Modellgröße bei minimalem Leistungsverlust) und intelligentes Routing zu Modellen mit unterschiedlicher Leistung basierend auf der Abfragekomplexität können dazu beitragen, diese Probleme zu lindern. Wichtig ist allerdings zu bedenken, dass das umweltfreundlichste Feature jenes ist, das nicht implementiert wird. Wir müssen die Notwendigkeit solcher Lösungen von Fall zu Fall kritisch bewerten.
Bei EcoAct verwenden wir maschinelles Lernen nur, wenn einfachere, ressourcenschonendere IT-Lösungen nicht realisierbar sind. Zudem arbeiten wir daran, die Auswirkungen der benötigten Lösungen zu reduzieren. Zum Beispiel haben wir bei der Entwicklung eines Dokumentendatenbank-Chatbots eine vorläufige Filterung irrelevanter Anfragen implementiert und zeigen den Nutzenden den Energieverbrauch jeder Anfrage an.
Während wir die Klimaauswirkungen der KI-Nutzung berücksichtigen müssen, sollten wir das Potenzial von KI im Hinblick auf den Umweltschutz nicht übersehen. Mögliche Anwendungen umfassen die Modellierung klimatischer Phänomene, die Optimierung von Energieerzeugung und städtischen Systeme sowie die Nutzung neuronaler Modelle zur Verarbeitung von Satellitenbildern zur Überwachung von Ökosystemen und der Bekämpfung von illegaler Fischerei.
Bei EcoAct nutzen wir KI-Funktionen, um unsere Aktivitäten in der Klima-, Biodiversitäts- und Kohlenstoffberatung zu verbessern. Wir verwenden Prognosemodelle, um fehlende Emissionsdaten bei der Kohlenstoffbilanzierung einzuschätzen, und Sprachmodelle, um den Zugang zu Dokumentendatenbanken für unsere Biodiversitäts-Einsätze zu verbessern.
In dieser Ära der weit verbreiteten KI-Adoption ist es entscheidend, die erheblichen Klimaauswirkungen ihrer Entwicklung und Nutzung zu berücksichtigen. Obwohl es bedauerlich ist, dass der heuer verabschiedete AI Act diese Probleme nicht anspricht, sind wir bei EcoAct weiterhin vom Potenzial der Künstlichen Intelligenz als mächtiges Werkzeug im Kampf gegen den Klimawandel überzeugt. Mit verantwortungsbewusster Entwicklung und Bereitstellung kann KI tatsächlich eine positive Kraft in unseren gemeinsamen Bemühungen sein, den Planeten zu schützen.